Bergretter feiern Jubiläum
Die „Tönsbergwacht“ hatte vor 50 Jahren den ersten öffentlichen Auftritt am Schützenfest-Montag. Heinz Meiser und Günther Bunte hatten die Idee.
Für den italienischen Extrembergsteiger Reinhold Messner wäre es wohl ein Leichtes, den „Monte Töns“ zu erklimmen. Manch einem Flachlandbewohner aber erscheinen die 334 Meter des Oerlinghauser Tönsbergs als durchaus imposante und gelegentlich schier unüberwindbare Höhe. Wenn die Puste ausgeht, wenn Wetterkapriolen den „Bergsteigern“ den Aufstieg erschweren, dann sind sie zur Stelle: die Männer der „Tönsbergwacht“.
Und wer hat die immer bereite (Schützen-)Rettungsorganisation erfunden? Heinz Meiser und Günther Bunte, der einstige Betreiber des Berggasthofes, waren’s. Beim Schützenfest vor 50 Jahren, und zwar auf den Tag genau am 3. Juli, hatten neun bergfreudige Oerlinghauser in grünen Hemden, Kniebundhosen und roten Stutzen ihren ersten öffentlichen Auftritt am frühen Montagmorgen. Denn neben der Höhenrettung, die seither eher selten vonnöten ist, sind Aktionen beim Fest der Feste in den Statuten verankert.
Einige der heute 30 Mitglieder können sich noch an die berühmte Tönsbild erinnern, ein humorvoll-informatives Blatt, das vor der Melmschen Apotheke verteilt wurde. Heinz Meiser, damals bei der Stadt angestellt, sei federführend für den Inhalt zuständig gewesen, berichtet Frank Adam, auf dessen privatem Areal die Bergwächter seit einiger Zeit ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben. Der Bergwachts-Gründer habe insbesondere ein Talent für die Dichtkunst gehabt. Die Zeichnungen in der Tönsbild stammten von Bernhard Oberdieck, wie das Bergwacht-Archiv verrät.
„Meiser war die treibende Kraft, er war der Kreative in der Truppe“, sagt Adam. Bis ins hohe Alter sei der Gründer fit gewesen. Auch die Moderation der Schützenfest-Montag-Auftritte übernahm Heinz Meiser, ehe er sie an Wolfgang Blume abgab.
„Inzwischen haben wir es auf mehrere Schultern verteilt.“ Etwa auf die von Jochen Schneider und Peter Adam. Bevor überhaupt moderiert werden kann, müssen Ideen her. Und die beziehen sich in aller Regel auf aktuelle Geschehnisse in der Stadt.
»Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels durch den Tönsberg«
Nicht selten haben die Tönsbergwächter aber auch Weitblick bewiesen. Vor 40 Jahren etwa, als sie mit großem Aufwand einen Tunnel zwischen Apotheke und Sparkasse mit Riesenportal konstruierten und mit großem Hallo schon damals die „Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels durch den Tönsberg“ feierten. „Nachts haben wir angefangen zu arbeiten“, erzählt Frank Adam.
Für Aufsehen und Verwirrung in der Stadt sorgten auch jene Männer in Lederhosen, die eine Seilbahn quer über den Brachtshof spannten, andere, die die Stadt in scheinbar offizieller Mission vermaßen und nicht zuletzt die hinterlistige Darstellung eines möglichen Burger-Ladens in der Innenstadt. „Viele haben’s tatsächlich geglaubt.“
Fremdenverkehr, Toilettenanlagen, Schilderstreich, öffentliche (Affen-)Ratssitzung, „Pättken-Treter (Filzpantoffeln) für das Kopfsteinpflaster“, die römische Leibgarde für Imperator Horst (Steinkühler), die Landung der Bergwacht als französisches „Corps de le tireurs“ mit Baguette unterm Arm auf dem Segelflugplatz oder die unvergessene Nesselgülle: Themen gab es immer.
Früher seien die Planungen oft auf den Fahrten nach Pellworm vorangetrieben worden, erzählt Frank Adam. „Heinz Meisers Frau kam von dort, er war während des Krieges in Pellworm stationiert.“ Heute beginnt die heiße Phase der Ideensuche in der Regel Anfang Juni. Und deshalb sind die aktiven Kletterer und Retter derzeit wieder einmal in der Findungsphase.
Denn in nicht einmal einem Monat ist Schützenfest. Und zwar mit Bergwacht-König Robin Grote und Bergwacht-Bierkönig Markus Höhne. Die „Tönsbergwacht“ ist zwar nicht die älteste Schützen-Juxtruppe, aber die, die am längsten besteht. Und deshalb dürfte das Jubiläumsthema für ganz besonderes Aufsehen sorgen.
Quelle: Neue Westfälische